Hochschule Pforzheim – Der Fortschritt in der medizinischen Diagnostik findet nicht mehr nur in sterilen Laborumgebungen statt. Im Rahmen einer Ringvorlesung zum Thema Digitalisierung gewährte Marius Take vom Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe den Teilnehmern einen Einblick in die innovative Welt der Hautkrebsdiagnostik.
Unter den Augen von 44 Zuhörern stellt Marius Take ein Forschungsprojekt vor, das auf multispektraler Bildgebung und verteilten KI-Systemen fußt. Dieses Vorhaben, entwickelt in Kooperation mit Kliniken und niedergelassenen Hautärzten, zielt darauf ab, eine der häufigsten und tödlichsten Krankheiten – den Hautkrebs – früher zu erkennen und somit die Heilungschancen zu erhöhen.
Früherkennung – der Schlüssel zum Erfolg Take begann mit einer Einführung in die Welt der Hautkrebsdiagnostik und unterstrich die Bedeutung der Früherkennung von Melanomen. Trotz des Einsatzes von ABCDE-Parametern zur Beurteilung verdächtiger Hautläsionen erreicht die Erkennungsrate bei Hautärzten in der Regel nur 85%. Die Hoffnung liegt nun auf einer erhöhten Genauigkeit durch den Einsatz spezifischerer Daten – hier kommen die multispektralen Bilder ins Spiel, die mit etwa 1 GB Größe ein wesentlich umfassenderes Datenspektrum als herkömmliche Bilder bieten. Allerding sind diese damit auch deutlich größer als herkömmliche Bilder und stellen bei der Speicherung und Verwaltung eine große Herausforderung dar.
Das Streben nach höherer Genauigkeit Die Vision des Forschungsprojekts war eindeutig: Eine Erkennungsrate von über 90%. Allerdings steht man vor dem Hindernis einer unzureichenden Datenbasis. Die Lösung? Eine Erweiterung der Datenbanken zur Verbesserung und Weiterentwicklung der diagnostischen Modelle. Doch dies stellt sich nicht so einfach dar. Zum einen müsste die Datenbank um Datenpunkte erweitert werden, die Hautläsionen umfasst, welche eindeutig keine Melanome darstellt. Da es allerdings in der Praxis keinen Grund gibt gutartige Hautläsionen zu entfernen und in einem Labor untersuchen zu lassen, gestaltet sich das Sammeln und Erweitern der Datenlage als schwierig. Des Weiteren fehlt es auch allgemein an Datenpunkten von im Labor untersuchten Hautläsionen zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Modells.
KI als Assistenz des Arztes Take präsentierte das vom FZI entwickelte System, welches Ärzte in der Diagnostik unterstützt, indem es die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz nutzt. Das System dient zudem als Basis für fortlaufende Trainingszyklen, um die Algorithmen kontinuierlich zu verbessern.
Federated Learning: Gemeinsam schlauer Besonders bemerkenswert ist das Prinzip des ‚Federated Learning‘ über das Flower Framework, welches es erlaubt, die von verschiedenen Hautärzten und Kliniken trainierten Neuronalen Netze zusammenzuführen. Die Kombination dieser Neuronalen Netze führt zu einem verbesserten Modell, das anschließend an alle Teilnehmer zurückgespielt wird – ein Ansatz, um Wissen zu teilen und gleichzeitig Datenschutzbelange zu wahren.
Diese Ringvorlesung an der Hochschule Pforzheim hat nicht nur das Potenzial der Digitalisierung in der Medizin aufgezeigt, sondern auch die Bereitschaft der akademischen Gemeinschaft, diese neuen Technologien für die Verbesserung der Patientenversorgung weiter voranzutreiben. Mit derartigen innovativen Ansätzen wird die Medizin nicht nur intelligenter, sondern auch zugänglicher und personalisierter – zum Wohle von uns allen.
In der anschließenden Fragerunde wurden Themen wie Datenschutz, Systemweiterentwicklung, der Aufbau einer größeren Datenbank und wie die gewonnenen Erkenntnisse für Prophylaxe und Früherkennung bei Verwandten von Patienten genutzt werden können, diskutiert.
Vielen Dank an Marius Take vom FZI für diesen spannen, wichtigen Beitrag. Mit der Ringvorlesung geht es am 7. Mai 2024 weiter mit einem Vortrag von Gérôme Stemmer, Director of Sales & Marketing der SAFELOG GmbH, der gemeinsam mit zugeschalteten Gästen in seinem Vortrag Einblicke zum Thema „Digitalisierung und Automatisierung – Wie sieht die Fabrik der Zukunft heute aus?“, geben wird.